2. Johannes: Haltet fest an der Liebe und Wahrheit
Haltet fest an der Liebe und Wahrheit
EINLEITUNG
Auch der zweite Johannesbrief wurde vom Apostel Johannes verfasst. In den 80er Jahren schrieb er zuerst das Evangelium. In den 90er Jahren verfasste er die drei Briefe, anschliessend befand er sich auf der Flucht, auf der Insel Patmos, von wo aus er seine Offenbarung niederschrieb.
Johannes musste zu diesem Zeitpunkt bereits ein hohes Alter gehabt haben. Vermutlich wurde er, zusammen mit seinem Bruder Jakobus, zum Apostel berufen, als er knapp 30 Jahre alt war. Später leitete er, zusammen mit den übrigen Aposteln, die wachsende Gemeinde in Jerusalem. In der Apostelgeschichte lesen wir, dass durch die Apostel viele Zeichen und Wunder geschahen, unter dem Volk (Apg 5,12). Paulus bezeichnet Johannes in den 50er Jahren als Säule der Gemeinde in Jerusalem (Gal 2,9). Von den Juden wurde er, zusammen mit Petrus, als ungelehrte und unbeholfene Jünger Jesu bezeichnet (Apg 4,13).
Aus verschiedenen ausserbiblischen Quellen wird berichtet, dass Johannes nach Ephesus auswanderte, vielleicht getrieben durch die Unruhen in Jerusalem (70 n. Chr.). Er gewann grossen Einfluss unter den Gliedern in Ephesus und den asiatischen Gemeinden. Johannes war der letzte Apostel und somit der letzte lebendige Zeuge Jesu. Auch dieser Brief ging vermutlich an die Gemeinde in Ephesus und die umliegenden Gemeinden in Asien. Wo Johannes sich zu diesem Zeitpunkt aufhielt, ist leider nicht bekannt (V. 12). Vermutlich befand sich Johannes zur Zeit der Abfassung nicht in Ephesus. Der Brief ist so kurz, dass er auf einem einzigen Pergamentblatt Platz fand. Die drei Johannesbriefe sind deshalb für den Gesamtkanon so wichtig, weil sie sich gegenseitig in vielen Einzelheiten unterstützen.
Im zweiten Johannesbrief wird noch einmal, vor den Irrlehrern der damaligen Zeit, eindringlich gewarnt. Deshalb ist das Schlüsselwort „Wahrheit“ (aletheia). Wahrheit zur Lehre, die verbunden ist mit der Liebe zu Jesus. Johannes ermahnt die Gläubigen: „Haltet fest an der Liebe und Wahrheit!“
Weil der Brief so kurz ist, möchte ich ihn aus der neuen Genferübersetzung zitieren:
Segensgruss
Der Älteste an die ´von Gott` erwählte Herrin und ihre Kinder. ´Ich schreibe euch, weil` ich euch aufrichtig liebe, und ebenso wie ich lieben euch auch alle anderen, die die Wahrheit kennen, `die Christus uns offenbart hat`. Ja, die Liebe, ´die uns miteinander verbindet,` gründet sich auf die Wahrheit, ´die in uns allen ist und` die in uns bleibt und immer mit uns sein wird. Die Gnade, die Barmherzigkeit und der Frieden von Gott, dem Vater, und von Jesus Christus, dem Sohn ´Gottes`, des Vaters, werden mit uns sein – genauso, wie die Wahrheit und die Liebe mit uns sind.
Liebe zu den Mitchristen und Liebe zur Wahrheit
Ich habe mich sehr gefreut über ´die Begegnung mit` einigen von deinen Kindern, denn ich konnte feststellen, dass sie so leben, wie es uns der Vater aufgetragen hat: Sie richten sich bei allem, was sie tun, nach der Wahrheit. Damit bin ich beim eigentlichen Anliegen meines Briefes, liebe Herrin. Was ich dir schreibe, ist allerdings nichts Neues; vielmehr möchte ich dich an jenes Gebot erinnern, das uns von Anfang an gegeben war – das Gebot, dass wir einander lieben sollen. Zu lieben bedeutet, sich nach Gottes Geboten zu richten, und das Gebot, ´das alle anderen zusammenfasst und` das ihr von Anfang an gehört habt, ist, dass ihr euer ganzes Leben von der Liebe bestimmen lasst.
Warnung vor Irrlehrern
Warum schreibe ich euch das? Nun, in dieser Welt verbreiten jetzt zahlreiche Verführer ihre falschen Lehren. Sie bekennen sich nicht zu Jesus Christus als zu dem, der als ein Mensch von Fleisch und Blut zu uns gekommen ist, und wer das leugnet, ist der Verführer schlechthin; er ist der Antichrist. Gebt auf euch Acht, damit ihr das, was wir miteinander erarbeitet haben, nicht wieder verliert, sondern damit ihr ´zur gegebenen Zeit` den vollen Lohn bekommt. Wer nicht bei der Lehre von dem Mensch gewordenen Christus bleibt, sondern darüber hinausgeht, der lebt nicht in der Verbindung mit Gott. Wer hingegen bei dieser Lehre bleibt, ist sowohl mit dem Vater als auch mit dem Sohn verbunden. Wenn also jemand zu euch kommt, der etwas anderes verkündet als diese Lehre, dann nehmt ihn nicht bei euch auf und heisst ihn nicht willkommen! Denn wer ihn willkommen heisst, macht sich mitschuldig an seinem verwerflichen Tun.
Abschliessende Grüsse
Ich hätte euch noch vieles mitzuteilen, aber ich möchte es nicht mit Papier und Tinte tun. Vielmehr hoffe ich, euch demnächst besuchen zu können. Dann werden wir Gelegenheit haben, persönlich miteinander zu reden, und unsere Freude wird durch nichts mehr eingeschränkt sein. Die Kinder deiner ´wie du von Gott` erwählten Schwester, liebe Herrin, lassen dich grüssen.
I. Verse 1-3: Segensgruss
Ältester (πρεσβύτερος)
Johannes bezeichnet sich im zweiten und dritten Brief als einer der Ältesten (Presbüter) einer örtlichen Gemeinde, vermutlich in Ephesus. Es gibt Kommentatoren, die behaupten, dass damit bloss ein älterer Mann gemeint sei, was ich bezweifle. Mit Sicherheit kann hier behauptet werden, dass dieser Brief von einem erfahrenen Gläubigen geschrieben wurde, der vom Heiligen Geist inspiriert war. Dem Ältesten geht es darum, die Gläubigen vor den vielen Verführern zu warnen und aufzurufen, an der Anfangslehre Jesu Christi festzuhalten.
Herrin (Κυρία)
Auch der Begriff auserwählte Herrin hat Anlass zu vielen Diskussionen geben. Wenn die Herrin eine Einzelperson ist, dann könnten sich folgende Fragen ergeben: Schreibt Johannes hier an eine Hausfrau mit vielen Kindern? Könnte es etwa sein, dass es sich um eine romantische Liebe handelt und Johannes der Vater dieser Kinder ist? Inwiefern wurde diese Herrin denn auserwählt? Die viel wahrscheinlichere Variante ist eine örtliche Gemeinde! In Vers 5 kommt dieser Begriff erneut vor, und zwar in einem Zusammenhang, der offensichtlicher ist und Klarheit schafft. Schon im ersten Brief wird das Gebot erwähnt, das die Gläubigen von Anfang an gehört haben (1Joh 2,7; 3,11). Es handelt sich im zweiten Brief um einen wiederholten Aufruf, das Gebot zu befolgen, welches die Gläubigen von Anfang an hörten.
Im NT wird die Gemeinde bezeichnet - als Braut Christi (Offb 21,9) und als reine Jungfrau (2Kor 11,2). Paulus sagt den Thessalonichern, dass er unter ihnen wie eine stillende Mutter aufgetreten sei, die seine Kinder hegt (1Thess 2,7). Dieses Bild von der Gemeinde als weibliche Person war den Gläubigen damals wohlbekannt. Möglicherweise hat Johannes bewusst diese Anrede gewählt. Verfolgungen waren zu dieser Zeit nicht ausgeschlossen. Wenn der Brief in falsche Hände geriet, war er für Unwissende nicht identifizierbar.
Johannes bekennt seine Liebe zur Gemeinde!
Aber nicht nur er liebt die Gemeinde. Alle, die durch das Wort an Christus glauben, lieben die Gläubigen in dieser Gemeinde. Oh, würde es doch in der heutigen Zeit mehr Menschen geben, die die Notwendigkeit der örtlichen Gemeinde erkennen und eine solche Liebe zur örtlichen Gemeinde entwickeln würden!
Jeder, der ernsthaft nach Gottes Wahrheit sucht, wird schnell feststellen, wie überlebenswichtig die Gemeinschaft unter Heiligen ist, wie unverzichtbar die vielfältigen Aufgaben und Dienste sind, die in einer Gemeinde ausgeübt werden.
Wenn diese Liebe zur Wahrheit in den Gläubigen einer Gemeinde vorhanden ist, und die Liebe untereinander gepflegt wird, dann ist auch Gottes Gnade, Barmherzigkeit und sein Friede gegenwärtig. Johannes sagt dies aus sicherer Überzeugung, dass dies in der Gemeinde so ist. Er schreibt dies nicht in Form eines Wunsches oder eines Gebets, wie das in anderen Briefen der Fall ist (z. B. Phil 1,2).
II. Verse 4-6: Liebe zu den Mitchristen und Liebe zur Wahrheit
Vers 4 kann als Schlüsselvers betrachtet werden. Was das Gebot des Vaters ist, hat Johannes ja schon im ersten Brief gesagt: 1. Johannes 3,23. Johannes freut sich und ist dankbar für jeden, der in der Wahrheit wandelt. Es ist nicht selbstverständlich, dass es Menschen gibt, die die Wahrheit über Gott und seinen Sohn lieben und die nach der Wahrheit wandeln wollen.
Auch wir brauchen jeden einzelnen Gläubigen in der Gemeinde. Es ist nicht Gottes Wille, dass jeder Gläubige seinen eigenen Weg geht! Gott will, dass wir IHN gemeinsam anbeten und IHM danken für seinen Sohn Jesus Christus, der uns von den Sünden erlöst hat. Danksagung ist ja wohl das Mindeste, das wir unserem Herrn darbringen können. Zudem sind wir Gläubigen auch aufeinander angewiesen und stärken einander schon allein mit unserer Gegenwart. So lasst uns genauso dankbar sein für jeden, der sich mit uns versammelt und den Herrn anbetet!
Niemand kann den Glaubensweg in der Liebe gehen, ohne einer örtlichen Gemeinde anzugehören! Wer den Glaubensweg alleine geht, der kann nur sich selbst lieben! Es ist ein falscher Glaube und eine Irrlehre, solches „Robinsonchristentum“ zu verbreiten. Das ist es, was die Mehrheit in unserem Land glaubt. Die meisten Menschen in unserem Land sind einer Irrlehre anheimgefallen, einem Widerspruch in sich selbst. Es ist, wie wenn zwei Verliebte behaupten, sie können einander lieben, ohne sich immer wieder sehen zu müssen. Welche Beziehung würde so auf die Dauer bestehen?
Hebräer 10,24-25:
In den Versammlungen spornen wir einander an zur Liebe und zu guten Werken. Durch die gemeinsamen Anbetungen, fühlen wir uns nicht ganz alleine als Christen in der finsteren Welt der Ungläubigen.
III. Verse 7-11: Warnung vor Irrlehrern
In der damaligen Zeit gab es viele Wanderprediger, die von Gemeinde zu Gemeinde gingen und Irrlehren verbreiteten. Meistens entstanden die falschen Lehren aus einer Mischung des Christentums mit dem Judentum oder einem heidnischen Glauben.
Die Ebjoniten (hebr. die Armen) wollten gerne die mosaischen Gesetze bewahren und sie den neu bekehrten Heiden auferlegen. Sie stellten das Recht des Paulus in Frage sich Apostel zu nennen. Er habe ja Christus nicht persönlich gekannt.
Die Gnostiker (Gnosis= griech. Erkenntnis) waren eine der grössten Bedrohungen für die christlichen Gemeinden. Sie gaben vor, alles zu kennen, sogar die Welt der himmlischen Geister. Sie glaubten an einen höchsten Gott, als Quelle des Guten, der aber aus anderen, weniger vollkommenen Göttern hervorgegangen sei. Sie waren jüdische Lehrer, die Jesus Christus nicht als den anerkannten, der im Fleisch gekommen war.
Die Nikolaiten übten eine schuldhaft grosse Nachsicht mit Götzendienst und einem ausschweifenden Lebensstil. Sie waren Anhänger einer kleinasiatischen, gnostischen Bewegung der Frühzeit. Johannes wirft ihnen in der Offenbarung (2,6.15) Unzucht und Teilnahme an Götzenopfermahlzeiten vor. Im Mittelalter wurden Priester, die nicht im Zölibat lebten, Nikolaiten genannt.
Cerinthus lehrte schon damals, dass die Welt nicht von Gott erschaffen wurde, sondern von einer Kraft. Er war ein Verfechter von Irrlehren über die Person Jesu. Er behauptete, dass Jesus nicht von einer Jungfrau geboren worden sei. Für ihn war Jesus nichts weiter als ein gewöhnlicher Mensch, geboren wie alle anderen. Von der Taufe an habe zwar Christus in ihm gewohnt, vor der Kreuzigung habe er ihn aber wieder verlassen. Um diesen und anderen Gefahren des Missbrauchs zu begegnen, wurden in den Gemeinden Regeln aufgestellt.
Ein Dokument aus dem zweiten Jahrhundert ist die Didache: Die Didache (Didaktik; griech. διδαχή) wurde später „Lehre der zwölf Apostel“ oder „Die Lehre des Herrn durch die zwölf Apostel für die Heiden“ genannt. Sie ist eine frühchristliche Schrift (ca. 150-180, nach anderen 100-120 n.Chr.). Wahrscheinlich wurde sie in Syrien verfasst. Es ist die früheste Kirchenordnung der Christenheit. Lange Zeit wurde sie unter die kanonischen Schriften gezählt. Erst Eusebius von Caesarea zählte sie unter die unechten Schriften.
Was denken wir?
Wie wird sich das Verständnis zur Wahrheit in den 2 000 Jahren entwickelt haben? Haben wir eher mehr oder weniger Irrlehrer und Irrlehren heute? Ist die Gefahr geringer geworden, etwas Falsches zu Glauben als die Menschen damals? Diese Fragen beantworten sich von alleine, denn die Zeiten sind schlimmer denn je (1Tim 4,1-9; 2Tim 3,1-7)!
Vor welchen modernen Gnostikern müssen wir uns heute in Acht nehmen?
Zeugen Jehovas, Mormonen, Adventisten, Neuapostel usw. Vor all denen, die uns bekehren wollen mit einer neuen Lehre und nicht in der Anfangslehre bleiben wollen. Um vor falschen Lehren bewahrt zu werden, muss eine klare Linie gezogen werden. Johannes erklärt den Gläubigen, dass sie sich in keiner Weise mit falschen Lehrern einlassen sollen. Denn ihr Ziel ist es, uns zu beeinflussen und von der Anfangslehre (Motto: „Zurück zur Bibel“) wegzubringen. Schnell haben wir uns auf sie eingelassen und sie auf irgendeine Art und Weise falsch unterstützt.
IV. Verse 12-13: Abschliessende Grüsse
Wo befand sich Johannes? Wir wissen es nicht! Wir wissen nur, dass er diesen inspirierten Brief von einer Schwestergemeinde aus geschrieben hat. Der Älteste freut sich auf ein baldiges Wiedersehn mit den Empfängern seines Briefes.
Zum Schluss übermittelt er Grüsse an die Herrin der Schwestergemeinde und ihren Kindern. Die auserwählte Schwester kann sich hier nur auf eine örtliche Gemeinde beziehen. Die Kinder sind die Glieder dieser Schwestergemeinde.